Suckspeed – Slow Motion

Suckspeed – Slow Motion
We Bite
38:54 min
1991
Crossover

Vor ungefähr 30 Jahren bedeutete Crossover noch nicht, dass ein paar Suppenkasper auf vollkommen originelle Weise Techno mit Funk und Rock vermixen, nein, nur zwei Zutaten benötigte dieses wundervolle Genre: Hardcore Punk und Thrash Metal.
Besonders erwähnenswert aus dieser Epoche dürften D.R.I, Cro-Mags und Gang Green sein, aus der DDR Bottled und aus der BRD eben Suckspeed.
Wobei diese über eine Karriere von drei Alben noch Einiges mehr verbrieten; speziell auf diesem zweiten Album müssen dazu unbedingt Led Zeppelin genannt werden.
„Try Harder“ heißt das erste Lied und ist gleich ein echter Brocken. Sanfte Klänge, eine filigran gezupfte Gitarre läuten das Album ein. Alles hat seine Zeit, sich zu entwickeln.
Nicht von ungefähr der Albumtitel „Slow Motion“.
Dann setzt der warm verzerrte Bass ein, kurz darauf das Schlagzeug, und spätestens in diesem Augenblick fällt der ganz besondere Sound auf, der vor Räumlichkeit, Direktheit und Wärme nur so überquillt. Das Lied baut sich weiter und weiter auf, dann vernehmen wir Michi Bothes verdammt coole, entspannte Hardcore Stimme, und der Song findet sein starkes, zum Headbanging animierendes Hauptthema.
Noch eine Schippe Kohlen mehr gefällig? Gerne, denn es folgt der Proto-Speed-Metal-Punk-Klassiker „Steppenwolf“ mit der ikonischen Textzeile „Freedom is just another word for nothing left to loose“; neben „Get Away“ und Teilen von „Luxury Town“ das schnellste Material des Albums.
Ein Hauptteil der Platte liegt aber auch auf eben jenen schleppend groovigen Krachern im Mittelteil, wie „In My Bed“ (kann ja nur gut sein) oder „Guernica“.
Ich liebe das Album von ganzem Herzen. Die Band sah ich viermal live, beim letzten Mal (Club im Park, Fürstenwalde) trank ich ihr Bier aus, was mir bis heute leid tut.
Die Formation existiert nicht mehr, ihr Vermächtnis schon.
„Slow Motion“ ist gebraucht bei mehreren Händlern zu bekommen, und immer billiger als die neue von As I Lay Dying oder Kid Rock.
Also, Hintern hoch und gönnt euch etwas wirklich Gutes!

(m)

Metallica – Ride the Lightning vs. Master of Puppets

Metallica – Ride the Lightning vs. Master of Puppets
oder: Warum „Ride“ die bessere Platte ist.

Coverartwork

Ride the Lightning besticht in betörendem Blau, Master of Puppets‘ Cover ist aber dermaßen ikonisch, das der Punkt an „Master geht.

Ride: 0 Master: 1

Intro

Das Intro zu „Fight Fire with Fire“ ist ein fester Teil meines Lebens, und da ich es hörte, als seinerzeit (1985) gerade der erste Schnee fiel, denke ich seitdem bei Schnne immer an dieses epochale Album.
Musikalisch gesehen ist das Intro zu „Master of Puppets“ noch weitaus spannender und dramatischer. Auch dieser Punkt geht an „Master“.

Ride: 0 Master: 2

Erstes Lied

„Fight Fire with Fire“ oder „Battery“? Eine Entscheidung ist nicht möglich, beide bekommen einen Punkt.

Ride: 1 Master: 3

Zweites Lied

„Master of Puppets“ ist besser komponiert, „Ride the Lightning“ jedoch härter und dramatischer.
Je ein Punkt für beide.

Ride: 2 Master: 4

Drittes Lied

„The Thing that Should Not Be“ ist geil, „For Whom the Bell Tolls“ jedoch eine der größten Bandhymnen.
Ein Punkt für „Ride“.

Ride: 3 Master: 4

Viertes Lied, die Ballade

„Welcome Home (Sanitarium)“ ist großartig, „Fade to Black“ jedoch göttergleich.
Ein Punkt an „Ride“.

Ride: 4 Master: 4

Fünftes Lied, Opener der B-Seite.

„Trapped Under Ice“ geht ab wie eine Rakete, „Disposable Heroes“ ist dann aber ein wütendes, verzweifelt anklagendes Werk der absoluten Extraklasse.
Punkt an „Master“.

Ride: 4 Master: 5

Sechstes Lied, der „Filler“

Wenn wir hier von einem schwächeren Song reden, bedeutet das natürlich, dass diese beiden Lieder nur 10 von 10 Punkten bekommen würden, nicht 11 von 10.
„Leper Messiah“ ist trotz Längen aber besser als „Escape“ mit seinen unerklärlichen Trommelschägen neben der Reihe.

Ride: 4 Master: 6

Achtes bzw. siebtes Lied, das Instrumental

„Orion“ ist atemberaubend, düster und anrührend. Gegen den Jahrhundertsong „Call of Ktulu“, das vielleicht beste Metal-Instrumental der 200.000 Jahre alten Menschheitsgeschichte, kommt es jedoch nicht an.

Ride: 5 Master: 6

Siebtes bzw. achtes Lied – was halt übrig bleibt

„Damage, Inc.“ ist cool, „Creeping Death“ aber eine der größten Bandhymnen überhaupt.
Ich war in Lissabon bei einem Straßenfest der Arbeiterpartei. Was spielte die Band dort? Selbstverständlich „Creeping Death“, nicht „Damage, Inc.“!

Ride: 6 Master: 6

Sound

Der arg komprimierte Sound auf „Master of Puppets“ geht mir gehörig auf den Keks und hat keine Chance gegen den ungeschliffenen Brachialsound von „Ride the Lightning“.

Ride: 7 Master: 6

Gesamteindruck

Zwei Meilensteine, zwei anbetungswürdige Jahrhundertwerke.
Aber die rohe Urgewalt und das Ungestüm von „Ride the Lightning“ gingen danach verloren.

Ride: 8 Master: 6

Der Gewinner ist also eindeutig „Ride the Lightning“!
„Kill Em All“ liebe ich abgöttisch, habe ich hier aber nicht bewertet, da ich nur die beiden naheliegend gut vergleichbaren Alben besprechen wollte.
„… And Justice For All“ wäre sehr wohl vergleichbar, fällt für mich aber aufgrund seiner Langatmigkeit und der Frechheit gegenüber Jason vollkommen aus dem Rennen.
„Metallica“ ist ein tolles, fantastisches Heavy Rock Hit Album, passt aber nicht an diesen Ort.
Alle weiteren Alben sind weit von jeglicher Genialität entfernt, gleichwohl sind sie aber auch ganz gut; ich höre sie so ein bis zwei Mal im Jahr. Alle, auch „Lulu“ und „St. Anger“. So schlecht sind die nicht.

(merula)

Die Apokalyptischen Reiter – Soft & Stronger

Die Apokalyptischen Reiter – Soft & Stronger
Ars Metalli
40:02 min
Reiter Metal

Die Geschichte der besten Band beginnt mit einem Pferdewiehern, und das ist auch gut so.
Klar, vorher gab es ein spektakuläres Demo und eine ebenso zufällige wie liebens- und glaubenswerte Story zur eigentlichen Bandentstehung, aber ein Pferdewiehern plus Bassgitarrentöne leiten das Album ein, das der Thüringer Formation den Weg zu einer weltumfassenden Karriere ebnete.
„Iron Fist“ zeigt, wo es lang geht, aber erst mit dem nächsten Lied „The Almighty“ zieht das Reitervolk alle Register: Abwechslungsreicher, deftiger und derber Death Metal mit epischen Einschüben, klassischen Piano-Passagen und vor allem dem genialen, prägenden Wechselgesang zwischen tiefen Growls (Eumel) und abartigem Kreisch (Skell).
Weiter geht die wilde Jagd mit „Execute“ und „Downfall“ bis hin zu „Metal will never die“, einer der größten Hymnen an den Metal selbst. Dass das Lied genau so ernst gemeint war wie ähnliche Songs von Manowar, begriffen damals leider nicht alle und hielten das alles für einen ärgerlichen Spaß. Verlogenes Pack – als würdet ihr am Wochenende in der Disco „Fast as a Shark“ mit herunterhängenden Mundwinkeln hören!

In dieser frühen Phase spielte die Band selbstverständlich noch nicht so reif und ausgeglichen wie ab den 2000ern, hackte oft auch wild drauf los, aber genau das war das Außergewöhnliche an dieser einmaligen Combo: In einer Welt, von der man dachte, alles an Black, Death, Heavy, Thrash, Speed Metal sei bereits gesagt, drängeln sich vier Jungs von ihrem Proberaum aus ungestüm direkt nach vorne in die erste Reihe, weiter und weiter. Beeindruckend bis zum heutigen Tage – und auf diese eine gewisse Art und Weise auch ihr bestes Album. Revolutionär.
Duplizieren ließ sich das nicht, und das wussten die schlauen Reiter und beschritten von nun an einen Pfad der metallischen Wechselhaftigkeit, der je nch Geschmack als genial oder anstrengend, allerdings niemals als mittelmäßig empfunden werden kann.

(merula)