Chaos Rising – The Singles (2-CD)
Independent
2022
41:52 / 42:20
Metal
Chaos Rising ist ein internationales Bandprojekt ausschließlich für Metal Musikerinnen, das die Gründerin Stéphanie Nolf seit 2019 leitet. Die Besetzungen für die einzelnen Songs unterscheiden sich, gleichwohl es natürlich auch personelle Überschneidungen gibt.
Schon im Januar 2020 erschien der erste Song online, wie übrigens auch vorläufig alle weiteren erst einmal nur.
Auf Chaos Rising aufmerksam wurde ich im Frühling jenes Jahres durch Sängerin Imke von Helden und groß war die Freude, als Mitte 2022 die Ankündigung umging, alle bisher erschienen Lieder (bis auf das zu kurz vorher veröffentlichte „Still We Die“) würden auf einem Doppelalbum erscheinen. Und hier ist es!
Das Doppelalbum ist unterteilt in „For The Head“ und „For The Heart“; eröffnet wird der Reigen durch den heftigen, abwechslungsreichen Death Metal Knaller „Silent Dasein“ mit der wahrhaft bestialischen, an eine grantige Hyäne erinnernden Iranerin Haniye Kian am Gesangsmikro.
Überhaupt dominiert auf CD 1 der klassische DM bester Spielart; wenige genrefremde Einflüsse sind zu hören und erfrischen den Flow auch eher, als dass sie ihn stören. Alles hinreißend und satt produziert, gerade auch im Bassbereich. Jedes einzelne Lied ist ein Headbanger, trotzdem sei noch besonders „The Greatness Beyond“ mit Imke van Helden erwähnt – schlicht eines der besten Lieder, das die Bezeichnung „schleppender Death Metal“ verdient. Sollte frau und man gehört haben.
Etwas für‘s Herz verspricht CD 2 – als ob tosender Brutal DM nicht schon genau das wäre! 😉
Wie auch immer, im Durchschnitt ist dieser Teil schon melodischer, jedoch innerhalb recht fester Grenzen – Hard Rock suche ich hier vergebens, fast ein bisschen schade. Ein schöner Glam Rock / Hair Metal Rocker hätte gewiss nicht geschadet, aber na ja, ein zweites Album liegt ja im Bereich des Möglichen.
Auch in diesem zweiten Teil besticht die überdurchschnittliche gesangliche und instrumentelle Darbietung, wobei mich „Distress“ in der Besetzung Isa Lçn (voc), Stéphanie Nolf (g, bg, dr-c, voc) und Barbara Teleki (solo-g) besonders beeindruckt.
Das Doppelalbum zündet vom ersten Augenblick an und bereitet einfach Freude.
Bestellbar zum Beispiel bei https://chaosrising.bandcamp.com/
(m)
Kaum jemandem dürfte entgangen sein, dass sich dieser Tage die Veröffentlichung der bahnbrechenden Reiter 7“ „Dschinghis Khan“ zum 24. Male jährt.
Anlass genug, das mit einem würdevollen Interview zu feiern.
Volk-Man, ich grüße dich.
Wie kamt ihr auf die Idee, zwischen dem enorm erfolgreichen Debutalbum und dem sehnsüchtig erwarteten Zweitwerk eine flotte Viertracker zu veröffentlichen?
Der Ausgangspunkt war die Coverversion von “Dschinghis Khan”, die wir irgendwann im Proberaum einstudiert hatten und auch bei Live-Shows sehr gut ankam.
Er hatte ja eine gewisse “Pferdethematik”, also Mongolen, Reiter, Dschinghis Khan, Welteroberung etc. — alles Dinge, die uns irgendwie interessierten. Der Song hat auch ohne unsere Coverversion eine gewisse Metal-Attitüde. Also gesagt getan, der Song musste jedenfalls aufgenommen werden und da sich der Aufwand für ein Stück nicht lohnte, zockten wir direkt noch drei weitere Stücke mit ein.
Andreas Hilbert, der diese EP produzierte, wohnt ja ein Stück von euch entfernt; seid ihr extra nach Berlin gedüst, um das Teil aufzunehmen, oder wart ihr gerade in der Gegend?
“Gedüst” ist der falsche Ausdruck, die Fahrt dauerte fast 8 Stunden, da der VW Bandbus ein Problem mit der Kühlung hatte. Irgendwie war Luft ins Kühlsystem gekommen und der Motor drohte dauernd zu überhitzen. Daher war die Fahrt gen Berlin von 4 längeren Pausen begleitet, wo wir einfach warten mussten, bis der Motor wieder ausgekühlt war, dann ging es 30-50 km im Schneckentempo weiter.
Dr. Pest war der einzige, den die Sache richtig angekotzt hat – erstens war es sein Bus und zweitens musste er als Fahrer nüchtern bleiben. Fuchs, Skelleton und ich hatten direkt erkannt, dass wir bei einer Rast an der Tankstelle besser ordentlich Martini einpacken, mehrere Flaschen gingen auf dem Weg nach Berlin drauf und ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie die Anreise endete.
Irgendwann in der Nacht wachte ich in der Bude von Andreas Hilbert auf (vielmehr weckte mich seine fette Katze) und Andreas schwadronierte (auch angetrunken) abwechselnd über die Genialität von Carcass, Oxiplegatz und Rhapsody.
Der nächste Tag war erwartungsgemäß die Hölle. Völlig verkatert im Studio ist generell keine gute Idee. Skell war noch so fertig, dass er quasi nicht in der Lage war, halbwegs den Takt zu halten – was Andreas schon fertig machte. Dr. Pest und ich versuchten während seiner Drumaufnahmen den Bus zu reparieren, dazu musste man halt eine Steigung finden, damit die Luftblase im Kühlsystem in Richtung der Steigung wanderte, dort aus der Luftablassschraube entweichen konnte, während man hinten Wasser in den Kühl nachgoß. Der VW Boxer Motor im Heck des Busses war extrem schwer zugänglich und die ganze Aktion zog sich über Stunden hin. Danach haben wir noch aus Spaß einen Liegestütz-Wettbewerb gemacht, bis uns die Arme und Schultern brannten und weh taten. Eine ganz dumme Idee, wenn man kurz danach Gitarre und Bass einspielen muss und an jedem Arm gefühlt 16 Tonnen hängen.
Ich hau mich weg, danke für die Story!
Das Artwork ist Killer, auch die Rückseite. Wer war dafür verantwortlich?
Das ist alles geklaut aus einem Marvel-Comic. Das war damals ohne Internet ja alles noch nicht so dramatisch, denn wer in den USA sollte mitbekommen, wenn eine kleine Ostdeutsche Underground Band ein bisschen am Grafiker sparen will und man sich aus dem schönen Fundus von Marvel bedient.
Naja, das hatte ja in gewisser Weise auch Tradition, dass man sich bei den Artwork früher nicht so sehr um die Copyright gekümmert hat, “Firestorm”, “Soft & Stronger” und auch “Allegro Barbaro” war ja auch ähnlich “charmant ausgeborgt”. Aber im Sinne der guten Sache der Reiter hat das am Ende auch niemand je eingeklagt.
Kannst du dich noch entsinnen, wie die drei Eigenkompositionen entstanden sind? Formten sich eure Lieder damals eher beim Jammen, oder kam einer mit weitgehend fertigen Songs und Texten an?
“Dance with me” war bereits fürs kommende Album “Allegro Barbaro” komponiert, bei “Human End Part II” handelte es sich um ein Stück, was auch auf “Soft & Stronger” hätte stehen können, aber letztlich dann doch nicht auf dem Album landete. “The Price Of Ignorance” war ein Experiment, da wir hier mit einem tieferen Tuning der Gitarren spielten als üblich. Normalerweise hatten wir von E auf D heruntergestimmt, für diesen Song stimmten wir von E auf A herunter. Das passte ganz gut zu diesem Stück, aber war letztlich etwas “too much”. Auf “Allegro Barbaro” war dann wieder alles auf “D” gestimmt…. ab “All You Need Is Love” fanden wir dann einen guten Mittelweg – wir stimmten auf “C” herunter und seitdem ist das auch unser Standardtuning für alle Alben danach gewesen.
Danke für diese Einblicke!
Für das Legacy (oder Deftone?) gab es mal so eine Art Crossfire mit Track-Raten im Auto eines legendären Labelmenschen. Dave Ingram und Peter Tägtgren waren sehr angetan von eurer Musik.
War dir zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon bewusst, dass ihr komplett durchstarten werdet?
Oh, das höre ich zum ersten Mal. Aber gut zu wissen. Durchstarten ist immer etwas, was man erst in der Rückschau so sehen kann, wenn man will.
Im Moment fühlte es sich eher immer nach kleinen Schritten an – aber sie gingen eben immer beharrlich in eine Richtung. So einen Moment einer gewaltigen Explosion, wo plötzlich statt 100 dann 1000 Leute zu den Shows kamen, so etwas gab es ehrlich gesagt nie.
Es ging eher immer langsam Step by Step voran erst 200, dann 250, dann 300 usw. – Ich denke, die wichtigste Entscheidung war, dass man der Band in seinem Leben halt den Platz eingeräumt hat, den sie brauchte.
Wir wussten, dass man über das Stadium der “Amateurband” hinauskommen muss, wenn man wirklich weiter ernsthaft die Karriere vorantreiben soll.
Ich denke, mit dem Signing zu Nuclear Blast 2003 und der Planungssicherheit, dass man für die nächsten Jahre immer ein gutes Budget für Studioaufnahmen haben wird, begann die Zeit, als wir alle unsere Jobs aufgaben und nur noch Musik gemacht haben. Wir spielten einfach jede Tour und jede Show, die möglich war und aus der Rückschau würde ich auch sagen, dass wir bis zum Release von “Riders On The Storm” die Band auf ein wirtschaftlich tragfähiges Level gebracht hatten, die es fünf Leuten erlaubt, ein Dasein als Berufsmusiker zu leben. Deswegen musste man trotzdem Wasser statt Schampus zum Kaffeekochen nehmen, aber ich kann mich sehr gut an dieses Gefühl erinnern, dass man selbst für sich sorgte, keinen Chef hatte und ein Gefühl der persönlichen Freiheit hatte, das ich so vorher nie gekannt habe.
Stelle ich mir wirklich großartig vor, lebenslange herzliche Glückwünsche dazu.
Ist dies eigentlich die einzige Ars Metalli Veröffentlichung, auf der eine Jahreszahl steht und diese dann wirklich auch noch der Realität entsprach?
Das weiß ich ehrlich gesagt nicht, haha. Aber es ist schön, dass die EP tatsächlich wie geplant zwischen “Soft & Stronger” und “Allegro Barbaro” erschien, denn es sollte ja eine Art Zwischenspiel sein.
Es gab eine Ausgabe in rotem Vinyl und dann noch eine schwarze. Geplant war das aber nicht, oder?
Die rote Ausgabe war so schnell ausverkauft, dass wir nochmal nachlegen mussten. Wir hätten damit natürlich nie gerechnet.
Kennt Ralph Siegel diese Version seines Welthits?
Ich denke nicht.
Spielt ihr heute noch Songs von der Scheibe? Und habt ihr schon mal in der Mongolei gespielt?
“Dschinghis Khan” haben wir 2010 zum letzten Mal live gespielt. Die Sache lief dann etwas aus dem Ruder, denn wie es schien, kamen einige Fans dann wohl nur zu den Shows, um vom ersten bis zum letzten Song immer wieder “Dschinghis Khan, Dschinghis Khan” zu skandieren – das nervte irgendwann so sehr, so dass wir die Reißleine zogen.
Statt dessen spielen wir dann “Ghostriders In The Sky” von Johnny Cash (genaugenommen stammt der Song gar nicht von ihm, aber seine Version gilt vielen wohl als Original).
Der Song hatte auch eine gewisse Pferderomantik. Er ist deutlich erfolgreicher gewesen, als D.K. – selbst heute noch ist diese Coverversion von uns immer in den Top5 der meistgespielten Reiter Songs auf Spotify etc. – und das seit Jahren.
In die Mongolei haben wir es leider nie geschafft, geträumt davon schon sehr oft. Da sich wohl Russland Touren für die nächste Zeit erledigt haben, glaube ich ehrlich gesagt auch nicht daran, dass ich in naher Zukunft meine lang geplante Reise nach Peking mit der Transsib machen werde. Ein Stop in der Mongolei war fest eingeplant und ich hätte sicherlich auch eine “Dschinghis Khan” EP mitgenommen und in der heiligen mongolischen Steppe vergraben. (Einfach nur genial – m.) Aber irgendwie werde ich das sicherlich eines Tages noch hinbekommen.
Du hörst dir die Mucke von ganz früher gerne mal an, oder? Ich finde sie unglaublich charmant.
Einmal pro Jahr vielleicht. Meist im Zuge, wenn man Interviews macht, wo es sich um die Vergangenheit dreht. Oder wo ich die Bandbio – 20 Jahre D.A.R. geschrieben habe. Da dient die alte Musik wohl auch als Katalysator fürs eigene Gehirn, denn die alte Musik schafft es, dass man sich an Dinge erinnert, die gefühlt ewig lange her sind. Die ruppige, chaotische und aus heutiger Sicht mitunter etwas merkwürdige Art der Komposition fällt mir immer wieder auf.
Aber Skell hatte auch immer die Devise, dass es keine Parts geben sollte, in denen man länger als 30 Sekunden moderate Passagen hat, eh man wieder knüppelt und Blastbeats spielt. Insofern war unser Songwriting damals auch immer etwas im “Knüppelkorsett”. Aber ja, das ist absolut authentisch und sehr charmant.
Speziell „Soft & Stronger“ ist für mich auch ein lebensbegleitender Soundtrack für Neuanfänge.
Ab dem ersten Takt strahlt das Album unbändigen Optimismus und Lebesfreude aus.
Und damit endet das Interview, und ich sage
DANKE!
Norman Glatzer und Vanessa Braun – Mittendrin im Draußen
Pilze, Pflanzen und Tiere direkt vor der Haustür
Allegria / Ullstein 2022
16,90 € (D)
NaturfreundInnen, Selbstversorgende, Sammler*innen und Waldläufer kennen und lieben natürlich schon lange den fantastischen „Buschfunkistan“ YouTube-Kanal, und so war die Spannung groß, als kurz vor dem 3. Geburtstag des Kanals das erste Buch des dynamischen Duos erschien.
Wird es ein Fach-, ein Sach-, ein Lach- oder ein Mach-Buch?
Na alles das, natürlich!
Mit ihrer eigenen und typischen, warmherzigen und detailverliebten Erzählweise, gespickt mit Humor, der auch mal sehr schwarz sein kann, berichten Vanessa und Norman in drei großen Kapiteln („Auf in die Natur“, „Wunderliche Lebensformen im Busch und Spiegel“, „Verschmelzung mit dem Draußen“) und in vielen einzelnen Abschnitten von glaubhaften und unglaublichen Angelegenheiten aus der heimischen Naturwelt, gewürzt mit Anekdoten und sachdienlichen Hinweisen.
Und etwas geschah mit mir beim Lesen dieser sehr zugänglich verfassten 250 Seiten:
Es ist gut sieben Jahre her, dass ich aus dem unbeschreiblich lautstarken Gewusel Kern-Berlins auf‘s Land zog, in eine Siedlung mit nicht mehr als ein paar Häusern, einem Solarfeld, einem geschlossenen Friseurladen sowie mehreren Hunden und Katzen.
Wie groß war damals meine hingebungsvolle Liebe zu Mutter Natur! Jede freie Minute nutzte ich, um auf Knien über eine Wiese zu rutschen, essbare Hälmchen zu knabbern, Weidenrinde zu trocknen, Äpfel zu vergären.
Zu keiner Minute bereute ich den Umzug, und ich liebe die Natur wie am ersten Tag.
Und doch, es hat sich was verändert.
War unsere Beziehung (Natur + ich) früher so ein „Oh Schatz, ich liege dir zu Füßen und bete deine Herrlichkeit an!“ schlich sich mittlerweile doch so ein gewisses „Morjen, watt jibt‘s n heute zu essen?“ ein.
„Mittendrin im Draußen“ hat mir wieder Augen, Ohren, Herz und überhaupt alle Sinne geöffnet, es ist wieder wie früher.
Das ist mal ein Buch!
Boarhammer – I: Cutting Woods for Magickal Purposes
Demotape / Eigenproduktion
29:46 min
Black Metal
Das dunkle Duo Boarhammer hat eine Kassette veröffentlicht, die mich vor Freude im Dreieck springen lässt. Black Metal in seiner reinsten Form steht auf dem Programm; es scheppert und rappelt ordentlich, was durchgehend als Kompliment zu verstehen ist.
Die Band vermeidet dankbarerweise jede Soundpolitur, und hinter der rauen Schale erscheinen verzaubernde Gitarrenläufe und schön headbangige Rhythmen.
Der Gesang klingt gar nicht mal wirklich genau so, erinnert mich aber von seiner Art her an Tschösi auf den beiden für die Ewigkeit legendären ersten Messiah Alben.
Überhaupt entsteht hier ein wunderbares Old School Gefühl; die Musik klingt, als hätte man 1996 eine Black Metal Kassette einer guten, aber unbekannten Band bestellt, und zwar nicht in Skandinavien, sondern eher in Osteuropa oder so.
Recht so!
Alles an diesen wundervollen dreißig Minuten klingt authentisch, dunkel, seriös und gefüllt mit glühendem metallischen Herzblut.
Auch die Attitüde bereitet Freude, kurz gefasst möchte man mit beispielsweise Rassismus, Misogynie, Sexismus, Faschismus nichts zu tun haben.
Die sechs interessanten und hochwertigen Eigenkompositionen werden noch von einer ungewöhnlich, aber toll umgesetzten Mercyful Fate Coverversion abgerundet.
Herz, was willst du mehr.
Stand März 2022 sollten noch ein paar Tapes zu bekommen sein, also husch husch auf zum Bandcamp!
https://boarhammer.bandcamp.com/album/i-cutting-wood-for-magickal-purposes
Scorpions – Rock Believer
Vertigo
44:31 min
Hard Rock / Heavy Metal
Um Himmels Willen, was soll denn das für ein Cover-Un-Artwork sein?!
Liebe Scorps, diese Scheibe wird sich, Downloads eingeschlossen, bestimmt mehrere Hunderttausend mal verkaufen, ist das erste offizielle Album seit sieben Jahren und bestimmt hattet ihr auch eine(n) Berater(in), oder gar zwei, für diese ersehnte Veröffentlichung.
Und dann eine schreiende Frau mit einer Tüte oder Gardine überm Kopf?
Zugegeben, das ist nicht das schlimmste Cover eurer großartigen Karriere, doch als Kompliment ist das bitte nicht zu verstehen.
Das mit den Komplimenten beginnt genau jetzt, denn alls andere an diesem Album ist einfach großartig.
Jeder einzelne Song ist ein mittlerer bis guter Hit. Dass kein Welthit dabei ist, bestätigt eher den sehr gehobenen Durchschnitt dieses immerhin Weltklasse-Albums.
Abzüglich besagter Balladen und globaler Schlager, erinnert „Rock Believer“ am ehesten an „Love at the first Sting“ und gar „Black Out“, aber mit einem sogar noch wärmeren Rock Sound versehen.
Nach dem stimmungsvollen Abgeher „Gas in the Tank“ und seinem Nachfolger „Roots in my Boots“ folgen auch melancholischere Lieder wie „Knock em Dead“ oder „Call of the Wild“ im Wechsel mit herzerwärmenden, optimistischen Rockern wie dem Titelsong und dem wohl größten Knaller des Albums, „Peacemaker“. Und ja, das letzte Lied ist eine Ballade. Sie heißt „When you know (Where you come from)“ und orentiert sich definitiv an keiner Hitparade dieser Welt.
Bewundernswert.
Das Album gibt es auch als limitierte Doppel CD mit Studio-Bonustracks. Kann man haben, aber der Hörgenuss wird auch kein Deut schlechter ohne.
Abschließend eine persönliche Entschuldigung.
Scorps, nachdem der Death Metal aufkam, und erst recht, nachdem Mitte der 1990er Jahre der quasi-elitäre Black Metal mich gefangennahm, stieg ich ein in den Chor, der euch verhöhnte und verbal zerfetzte, ich machte mich lustig über euer gefühlt altbackenes Image und den Akzent von Klaus. Als wären nicht der griechische Akzent von Nana Mouskouri und der französische von Mireille Mathieu gerade erst der Kaufanreiz für Millionen Fans im deutsschprachigen Raum.
Dabei wollte ich doch nie mit dem Strom schwimmen. Aber gut, ich besann mich vor einigen Jahren wieder, dachte an all die Momente in den 1980ern, als die Band „Eisenherz“ aus Frankfurt (Oder) am Strand des Helenesee live „Big City Nights“ spielte und ich mit Netzhemd und Röhrenjeans in den Spagat ging und headbangte, dabei Luftgitarre spielte, was nur das Zeug hielt.
Scorpions, ich liebe euch. Für immer.
Auf dem reizenden Label Trollmusic erscheinen sowieso nur gute bis ausgezeichnete Alben, ganz besonders haben es mir aber gegenwärtig die Schweden von FORNHEM mit ihrem neuen Album ”Stämman Från Berget” angetan.
Höchste Zeit für ein Gespräch mit der Band, wobei sich mein Gesprächspartner gleich selbst vorstellen wird.
Laut Metal Archives habt ihr vor dem ersten Album kein Demo veröffentlicht. Wie zur Hölle seid ihr dann zu dem Plattenvertrag mit Thor gekommen, wie habt ihr euch beworben?
Hallo, hier ist Solbane (diverse Instrumente), der die meiste Zeit in diesem Interview mit euch spricht. Vafthrudner (Lyrics & Schlagwerk) hat auch etwas mitzuteilen.
Nun, die Geschichte, wie wir einen Vertrag mit Trollmusic bekommen haben, ist eigentlich ganz einfach. Vafthrudner und ich haben uns entschieden, dass wir kein Demo machen und von einem Label kontrolliert werden wollen, das uns vorschreibt, was wir zu tun oder zu lassen haben und dass wir so und so viel Geld für die Aufnahme bekommen und so weiter. Im Grunde genommen haben wir gesagt, lasst uns dieses Album mit unserem eigenen Geld aufnehmen, von dem wir wissen, dass es so gut sein wird, dass wir es auf eigene Faust veröffentlichen können, wenn es keinem Label gefällt.
Wir haben nie daran gedacht, viele Alben zu verkaufen und eine “große” Band zu werden oder so. Wir machen die Musik für uns selbst, weil wir etwas in uns haben, das wir gerne ausdrücken möchten, eine Art kreatives Ventil für die schwarzen Löcher in unseren Seelen… Wenn jemand unsere Musik mag, betrachten wir das als willkommenen Bonus, aber das Ziel ist die Musik an sich, sie zu kreieren und aufzunehmen.
Abgesehen davon denke ich, dass Thor and Trollmusic wirklich gut für uns funktionieren. Wir haben das Gefühl, dass wir eine gute, gesunde Zusammenarbeit haben! Wir freuen uns schon darauf, Album Nummer drei und vier zu machen, um zu sehen, ob wir jemanden schockieren können, oder zumindest ein paar Augenbrauen hochziehen…
Ich muss meiner Begeisterung noch einmal Ausdruck verleihen: Die pumpenden, hämmernden Drums, die herrlich flirrenden Gitarren und der grätzige Gesang – das klingt sehr weit entfernt von modernen Studiosound und eher nach 1996. Wie alt seid ihr denn eigentlich?
Der Sound unserer Alben ist sehr genau ausgefeilt und genau so gewollt.
Wir wurden allerdings schon dafür kritisiert. “Fornhem hat einen furchtbaren Sound” sagen manche, aber das ist völlig unwahr! Wir haben einen GROSSARTIGEN Sound für das, was wir erreichen wollen!
Die Sache mit der Musik ist, dass mindestens die Hälfte des Erlebnisses der Sound ist, die Produktion. Kannst du dir also vorstellen, was für eine Katastrophe es wäre, wenn wir einen modernen, überproduzierten Plastiksound hätten? (Kann ich, aber ich will nicht. – merula)
Das wäre furchtbar. Ich wäre absolut dagegen, ein solches Produkt mit Fornhem herauszubringen.
Ich bin mir nicht sicher, ob das Alter etwas mit dem Klang oder der Musik zu tun hat. Oder vielleicht doch? Wir sind drei verschiedene Personen in der Band und von unterschiedlichem Alter, wobei zwischen jedem Bandmitglied etwa zehn Jahre liegen… Ich bin in den 70ern aufgewachsen, vielleicht ist das eine Erklärung dafür, warum die Musik so klingt, wie sie klingt?
Einige Leute haben auch geäußert, dass wir eher wie eine norwegische Band als wie eine schwedische klingen. Warum ist das so? Vielleicht weil wir in unserem Leben hauptsächlich norwegische Bands gehört haben? Ich meine, Bathory kommen aus Schweden, aber die anderen Bands sind nicht stark oder großartig genug im Vergleich zu den norwegischen Bands. (Ui!)
Machen wir das absichtlich? Nun, ich habe eine Vorstellung davon, wie ich es klingen lassen will. Aber ich sitze nicht mit meiner Gitarre herum und denke “wie kann ich es norwegischer spielen?”… Das kann man nicht als kreative Arbeit bezeichnen! Haha!
Möchtet ihr eure Personen ganz aus der Musik heraushalten, oder wollt ihr verraten, wer ihr seid und was ihr beruflich macht?
Nicht komplett, aber wir wollen irrelevante Dinge wie Familie, Lieblingseiscreme und dergleichen heraushalten, haha! Ich denke, dass wir darüber reden können, was für Menschen wir sind und vielleicht, wenn wir in unserer Freizeit etwas Interessantes machen, das Licht auf die Entstehung unserer Musik werfen kann. Okay?
Vafthrudner und ich sind, so wage ich zu behaupten, alte und verbitterte Männer mit der Welt auf unseren Schultern.
Ich liebe es zu lesen. Ich persönlich habe eine große Vorliebe für Musik im Allgemeinen (bis auf die überproduzierte Easy-Listening-Musik, die man im Radio und auf Top-Charts hört).
Thuleman ist ein Hauch frischer Luft im abgestandenen Black Metal Universum! Er ist immer noch jung und voller Energie, sehr aktiv in der Musik und bei der Organisation von Konzerten und so weiter, hat immer einen Witz auf Lager, aber wer hat das nicht!?
Na, da gibt es schon einige. Schön, dass ihr da lockerer seid.
Von oben sieht die Gegend um Norrköping toll aus, viel Natur. Geht ihr angeln, wandern und Pilze suchen, oder konzentriert ihr eure Sinne nur auf die Musik?
Es ist eine Umgebung mit sehr viel Natur; Wälder, Seen, Berge. Wie ich schon sagte, sind wir drei verschiedene Menschen, aber ich denke, wir alle schätzen es, in der Natur zu sein. Die Natur erfrischt den Geist, pustet die Spinnweben weg, macht einen in gewisser Weise lebendig, vor allem, wenn man lange in der Stadt gelebt hat. Die Stadt ist sicherlich eine große Ursache für psychische Erkrankungen und Krankheiten.
Ich persönlich brauche nicht viel, um kreativ zu sein. Ich brauche nur ein Bücherregal mit tollen Büchern zum Lesen, eine Tasse Tee und ein paar Gitarren in der Nähe, und früher oder später werde ich Musik machen!
Welch sympathische Einstellung! Auch wenn nun mal leider nicht alle in der Natur leben können, so kan ich das doch absolut nachvollziehen.
“Ett Fjärran Kall” war euer Debütalbum von 2017. Darf ich fragen, wie lange ihr insgesamt daran gearbeitet habt?
Wenn ich mich recht entsinne, haben wir 2014 mit der Arbeit an den Songs begonnen und 2015 aufgenommen. Danach hat es einige Zeit gedauert, einen Plattenvertrag zu finden, und danach brauchte es einige Zeit für die Covergestaltung und so weiter. Und schließlich hat das Label einen Zeitplan, wann es die Alben veröffentlicht. All das hat dazu beigetragen, dass es ein langer Prozess von den ersten Ideen bis zum fertigen und veröffentlichten Album war.
In Songs wie “Úrdjupets svärta” scheinst du eine Leidenschaft für Folklore zu offenbaren. Mögt ihr Garmarna oder auch Hedningarna, oder orientiert ihr euch, wenn überhaupt, an ursprünglicher Folklore?
Wenn du traditionelle Musik meinst, dann ja! Ich mag diese beiden Bands, aber es gibt auch recht viele Bands, die auf Folkmusik basieren.
Als ich jünger war, habe ich mir Sachen wie Skyclad und The Corrs angehört, und in Schweden haben wir eine Menge alter Bands, die sich in den 70er Jahren der nordischen traditionellen Musik / Folkmusik verschrieben haben. Ich empfehle dringend, dir Kebnekaise anzuhören (die immer noch aktiv sind und Alben machen!).
Kürzlich entdeckte ich auch Barbora Xu, eine Dame, die verschiedene Zithern spielt und auf Finnisch singt. Sehr ausdrucksstark, minimalistisch und vor allem nicht gekünstelt. (Sehr guter Tipp!!! – merula)
Abgesehen davon hat Black Metal eine lange Tradition, was das Hinzufügen von Volksmusikelementen angeht; Bathory natürlich, frühe Ulver, Isengard, Kampfar, frühe Satyricon und natürlich Enslaved. Selbstverständlich gibt es noch mehr Bands da draußen, aber ich kenne nicht jede Band im Universum, also…
Davon abgesehen mag ich auch Folk, Klassik, Mittelalter und Renaissance ohne moderne Einflüsse.
Zwischen euren beiden bisherigen Alben liegen vier Jahre. Arbeitet ihr generell in einem eher gemäßigten Tempo und habt die ganze Zeit über Stück für Stück an neuen Songs gearbeitet, oder wart ihr mit ganz anderen Dingen beschäftigt und habt dann vor ein paar Monaten plötzlich wieder angefangen?
Wir arbeiten ein bisschen geruhsam, denke ich. Aber du musst wissen, dass Vafthrudner und ich seit 2013 zusammen spielen (zuerst in Fördärv und dann in Fornhem) und wir haben einfach weiter geackert, Songs gemacht, geprobt, aufgenommen und veröffentlicht in einem scheinbar endlosen Zyklus. Aber nach der Veröffentlichung von “Ett fjärran kall” waren wir beide erschöpft und brauchten eine Auszeit. Wir haben 2018 mit den Proben für das zweite Album begonnen. Aber diese Sache, die sich Leben nennt, kommt von Zeit zu Zeit dazwischen.
Und da wir nur zu zweit waren, mussten wir aufeinander warten, weil keiner von uns allein ohne den anderen fertig werden konnte. Aber seit Thuleman dabei ist, wird es einfacher. Denn wenn 2 eine Zeit lang ohne den Dritten weitermachen können, dann tun wir das auch, und der Dritte kann einsteigen, wann immer er bereit ist, ohne Probleme.
So sehr ich “Ett Fjärran Kal” auch mag, “Stämman Från Berget” ist eine deutliche Weiterentwicklung. Der Sound klingt viel differenzierter, auch im Songwriting scheint ihr Erfahrung gesammelt zu haben. Schon die sich langsam aufbauende Gitarrenmelodie in “Den Längsta Dagen” entwickelt sich zu einem absoluten Ohrwurm!
Möchtest du das Album kommentieren?
Nun, zunächst einmal: Danke, dass ihr euch die Qualität unserer Musik anhört! Wir haben viel am Songwriting gearbeitet. Ich erinnere mich, dass ich das erste Album rückblickend analysierte und mich fragte – was ist gut und was kann verbessert werden?
Eines dieser Dinge war, die Songstrukturen zu vereinfachen, sie brauchten weniger abrupte Wechsel und eine sanftere Progression. Eines unserer Ziele ist es, Atmosphäre und Minimalismus zu schaffen, und das kann man nicht erreichen, wenn man zu abrupt ist oder zu kurze Passagen spielt. Ich denke, es ist uns gelungen, längere Linien in die Musik einzubauen und die meditative Atmosphäre zu schaffen, nach der wir uns sehnen, aber es kann immer noch besser werden. Die Melodie ist, wie du schon sagst, auch von Bedeutung.
Für mich sind Hooks und einprägsame Riffs und Melodien sehr wichtig. Wenn es keine Melodie oder ein gutes, eingängiges Riff gibt, dann gibt es keinen Song. Wenn man sich beim Hören eines Songs oder eines Albums an nichts erinnert, dann ist es ein Misserfolg. Ich arbeite hart daran, Musik zu machen, die einen in ihren Bann zieht und die man nicht vergisst, wenn sie vorbei ist. Ich denke, dass Fornhem insgesamt ziemlich gut darin sind, aber wir können uns immer noch weiterentwickeln und noch mehr und weiter vorankommen! Wartet einfach auf Album #3, es wird etwas Besonderes sein!
Ich warte sehr gerne und bin schon gespannt!
Aus dem Booklet kann man ein wenig über deine Texte erfahren, aber könntest du uns für diejenigen, die mit der schwedischen Sprache nicht vertraut sind, etwas mehr über deine Texte oder einige von ihnen erzählen?
Die Frage geht nun an Vafthrudner, der alle Texte schreibt.
Nun, auf diesem Album gibt es vier Texte (das fünfte Stück, ”Untergang”, ist ein Instrumentalstück), und sie alle erzählen unterschiedliche Geschichten, während sie es gleichzeitig schaffen, in gewisser Weise miteinander zu verschmelzen.
Der erste Titel, ”Den Längsta Dagen” (”Der längste Tag”), basiert auf Ingmar Bergmans Film ”Das siebente Siegel” von 1957, der im Mittelalter spielt.
Ein Ritter kehrt nach Hause nach Schweden bzw. Skandinavien zurück, nachdem er zehn Jahre im Heiligen Land für die Kirche gekämpft hat. In dieser Zeit hat er seinen Glauben an Gott verloren, und in seiner Heimat wütet die Pest.
Auf wirklich poetische Weise schließt er mit dem Tod, der ihn holen will, einen Pakt, um sein Ableben aufzuschieben, während sie eine Partie Schach spielen. In diesem Stück, wie auch im Film, geht es weniger um den Verlust des Glaubens als um die Angst vor dem Tod bzw. dem Unbekannten.
Das zweite Stück, ”Utharba Spa” (altnordisch: “Ich sage den Untergang voraus”), ist eine fantasievolle Interpretation eines Runensteins in Südschweden, der ziemlich einzigartig ist, da er einen Fluch enthält (der Titel des Songs).
Im modernen Schwedisch bedeutet dieser Satz “Jag spår fördärv”, und da Fördärv der Name des Projekts war, mit dem Solbane und ich angefangen haben und 2013 die EP The Echo of Emptiness und 2014 das Album Between the Eternities veröffentlicht haben, dachte ich, dass es passend wäre, dies hier zu verwenden, auch weil meiner Meinung nach musikalisch viel von Fördärv in diesem Stück steckt.
Der dritte Track, ”Förlist” (“Schiffbrüchiger”), handelte ursprünglich von einem Schiff, das in einem Sturm untergeht. Da ich an der Küste geboren und aufgewachsen bin, war ich schon immer von nautischen Themen fasziniert.
Aber der Text entwickelte sich zu etwas Tieferem, da das Schiff als eines dargestellt wird, das den Geist auf dem Weg durch das Leben beherbergt; ein Bild, das man in einer Vielzahl von Mythologien finden kann.
Ich habe hier ein paar nordische Referenzen verwendet, aber ich sehe diese Art von Symbolik als etwas Universelles an.
Das vierte und letzte Stück (mit Text), ”Stämman från Berget” (Die Stimme aus dem Berg), basiert auf den ersten Kapiteln von Friedrich Nietzsches “Also Sprach Zarathustra”, wo der Einsiedler Zarathustra von dem Berg herabsteigt, auf dem er zehn Jahre lang gelebt hat, um den Menschen zu sagen, dass “Gott tot ist”. Ich sehe diese Erklärung Nietzsches als eine Art Ausgangspunkt für unsere moderne, säkularisierte westliche Gesellschaft, und ich denke, dass dieses Lied das Album auf perfekte Weise abschließt, da es in gewisser Weise das erste Lied widerspiegelt; in ”Den Längsta Dagen” gibt es einen treuen Ritter, der zehn Jahre lang in der einsamen Wüste für die Sache Gottes gekämpft hat und dann seinen Glauben verliert, während er auch dem Tod ins Auge sieht.
In ”Stämman från Berget” kommt ein Einsiedler nach zehn Jahren (Anm.: dieselbe Zeitspanne) Isolation (auf dem Berg) zu dem Schluss, dass Gott tot ist (falls es ihn je gegeben hat), und diese “neue Erkenntnis” wird zweifellos zu einer verzweifelten Suche der Menschen nach dem Sinn des Lebens und zu Angst vor dem Tod führen.
Danke Vafthrudner für diese tiefen Einblicke in dein Schaffen.
Spielt ihr auch live, oder habt ihr das vor?
Solbane meldet sich zurück.
Wir haben bisher keine unmittelbaren Pläne, aber wir sind offen für Möglichkeiten. Im Moment haben wir keine Pläne, live zu spielen, aber wir sind nicht dagegen. Es bedarf einiger Planung und Proben, und wir müssen uns auch über eine mögliche Live-Besetzung Gedanken machen, da wir live mindestens eine fünfköpfige Band sein müssen.
Ich muss allerdings sagen, dass ich in der Vergangenheit schon in anderen Bands live gespielt habe und die Zeit auf der Bühne ist meistens der Moment, für den man lebt und den man zu schätzen weiß – es sei denn, es geht etwas furchtbar schief.
Aber alles drum herum ist anstrengend und frisst deine Energie auf. Das bedeutet, dass es für uns wichtig ist, dass die Umstände, unter denen wir in Zukunft live spielen, gut sind, um die Erschöpfung und das Gefühl, mehr oder weniger bedeutungslos zu sein, zu minimieren. Im Grunde will ich damit sagen, dass ich zu alt (und zu kalt?) (he he – merula) bin, um in einem Van herumzufahren und für eine Kiste Bier und Benzingeld zu spielen… haha!
Dann soltest du vielleicht mal das ”Alt-Fränkische Landbier” kosten, ich entdeckte es vor wenigen Tagen und bin total begeistert.
Aber vor allem: Männer, vielen Dank für eure Mühe!
Vielen Dank für dieses Interview! Es hat uns gefallen, weil es ein bisschen anders war als die üblichen Interviews, die wir bekommen. (Ganz großes Dankeschön. – merula)
Es war toll, einmal mehr über die Musik als über Ideologie zu sprechen. Den Lesern möchte ich sagen: Wenn ihr bis hierher gelesen habt, dann danke ich euch! Unterstützt Fornhem, indem ihr unsere Musik kauft und anhört. Verbreitet das Wort an andere, von denen ihr denkt, dass sie unsere rohe Musik schätzen könnten!
Over and out, scream and shout! Prost von Solbane und Vafthrudner. Thuleman sagt auch Hallo!
Arcane Sun – Arcane Sun
Sentinel Records
64:13 min
Epic Death / Doom Metal
Na gut, das hier ist eigentlich keine wirkliche Neuveröffentlichung, aber eine angemessene Würdigung dieses sträflich unterbewerteten Albums tat bitter Not , und da das rührige Label Sentinel Records von Brian Taube ganze Arbeit leistete, dem Debutalbum der Dubliner Metal Vorreiter ein neues Coverartwork, einen Bonustrack sowie einen viel besseren Sound verpasste, und viele etwas jüngere Metalheads das lange vergriffene Album sowieso nicht kennen, ordne ich es einfach mal unter „neu“ ein.
Das durchweg hochklassige bis ausgezeichnete Songmaterial besticht durch große Vielfalt und progessive Strukturen, alles jedoch immer headbangerfreundlich und nie verkopft.
Glaubt man im ersten Lied „Canto I (The Search)“ noch freundlichen, etwas kumpelhaften Death Metal mit wohligen Melodien zu erkennen, wechselt das Bild mit dem anschließenden „I Was Alive Then …“ zu großer Epik und schicksalsgeladener Dramatik. Und übrigens hat man kaum jemals vorher (und auch nicht nachher) einen so interessant inszenierten Songübergang bzw. Anfang gehört.
„Sundrenched“ beginnt als heftiger Death Metal Nackenbrecher, bevor sich das Stück in Melodie und Melancholie kehrt.
Neben der überragenden Gitarrenarbeit von Mr. Fergal Flannery muss auch Mark Higgins‘ superbes, und im neuen Sound viel druckvoller klingendes, Schlagzeugspiel hervorgehoben werden.
Klavierpassagen und Naturgeräusche wechseln sich ab, wie es getragener Doom, deftiger Death und anmutiger Epic Metal tun.
Und über allem thront die unverwechselbare Stimme von Paul Kearns, der etliche Jahre später den legendären Solstice zu best gesungenen Platte ihrer Karriere verhalf.
„Promised (So Many Years Have Passed)“, der reguläre Abschluss des Albums, bringt noch einmal das gewaltige Potential der Iren zum Ausdruck, die sich leider nach einem mehr oder weniger unveröffentlichten Zweitwerk aufgrund mangelnder Unterstützung auflöste.
Der Bonustrack vom von der Band (bzw. Paul) ungeliebten Albumnachfolger beschließt diese wundervolle, grenzenbrechende CD.
Paul Kearns und Fergal Flannery, bitte tut es wieder!!!!
Abo Alsleben – MAYHEM LIVE IN LEIPZIG. Wie ich den Black Metal nach Ostdeutschland brachte.
bookra Verlag 2020
Das sympathische Szene-Urgestein Abo Alsleben, den meisten hier sicher auch noch von seinem coolen “Cadaver, Corpse & Bowels” Zine her bekannt, holte im Jahre 1990 Mayhem nach Ostdeutschland und beschreibt in diesem wunderbaren Buch ein Stück Leben aus der damaligen Zeit, wie es viele DDR-Metaller sicher noch gut kennen.
Die ersten Kontakte mit Euronymous, dann die Konzerte in der gerade erst untergegangenen DDR, schließlich das Desaster.
Während des Lesens war ich für eine kurze Zeit selbst wieder in jener Zeit an jenem Ort, eine höchst liebevolle, amüsante, politische, metallische, nachdenkliche, interessante Zeitreise.
Die spannenden Berichte, Abenteuer und Episoden sind gespickt mit anbetungswürdigen Fotos und Briefkopien.
Kostet 20 Glocken und ist jeden Heller wert!
Fornhem – Stämman Från Berget
Trollmusic
49:11 min
Viking / Black Metal
Roher Sound und große Melodien bilden nicht nur eine schönes Paar, sondern auch einen angenehmen Kontrast zu War Metal auf der einen und Symphonic Wacken Metal auf der anderen Seite.
Bestes jüngstes Beispiel sind Fornhem aus Norrköping, deren Erstling „Ett fjärran kall“ schon zu begeistern wusste, das vorliegende zweite Album jedoch sofort in die erste Liga meines Herzens aufschloss.
Mit knisterdem Feuer und düsterem Lachen beginnt der Opener „Den Längsta Dagen“, ein prächtiges Stück Viking Metal in seiner machtvoll stampfenden Midtempo-Form.
Das ebenso schlichte wie vollkommen ergreifende Gitarrenthema wird geistvoll weiterentwickelt. Ganz langsam, Stück für Stück immer dramatischer und ausgefeilter, leitet es in den rasend schnellen Mittelteil des Liedes über.
Unterstützt von pumpenden Drums, einer krächzenden Gesangsstimme und einem rohen, doch transparenten und erst recht druckvollen Sound geht dieser Song, geht dieses Album tief unter die Haut.
Elf Minuten dauert dieses Wunderwerk, bevor es die Tore öffnet zum schnellen Nackenbrecher „Uþarba spa“, bei dem ein weiteres Mal die tolle Schlagzeugarbeit auffällt.
Flirrende Gitarren und melodische Bassgitarren-Akzente kündigen „Förlist“ an, ein zehnmütiges, repetitiv-meditatives Epos der Sonderklasse. Gerade dieses repititive Element bringt mich, ähnlich „Hvis lyset tar oss“, schon fast zur Extase.
Der anschließende Titelsong legt dann wieder mit einem Tempo los, dass mir nur ein breites Wohlfühllächeln im Gesicht stehen bleibt. Junge, wenn deren Drachenboot so abgeht, dann überholen sie den schärfsten Nordwind, ohne mit der Wimper zu zucken!
„Untergang“ lautet der Name des abschließenden Werkes dieses Albums, ein packendes Stück Musik, ein Instrumental, von dichter, spannungsgeladener Dramatik, besonders auffällig hier die schaurigen, unheilverkündenden Trommeln des Schicksals.
Selbstverständlich für Trollmusic, ist die Musik in einem ansprechenden Äußeren verpackt, und der tolle Sound wurde vom Meister Devo Andersson perfekt gezaubert.
Es gäbe noch so viel zu erzählen zu diesem Album, aber ihr wisst schon, was Frank Zappe sagte: Über Musik zu schreiben ist, wie über Architektur zu tanzen.
Weshalb ich mich jetzt noch schnell aufmache zu einer Stunde Polka im Kreiskulturhaus, und ihr könnt euch derweil dieses Album zulegen.
Jiri Brabenec / Zdenek Vesely – Gestrandet bei der Sonne Epsilon
Utopischer Roman, 1961
Ich lese recht viele Bücher, aber um mir mal eine persönliche Spezialität zu schaffen, entdeckte ich vor einiger Zeit das Revier „Osteuropäische (inkl. DDR) Science Fiction Literatur bis 1990“, ein interessantes und ergiebiges Fachgebiet.
Zu den erlesensten Veröffentlichungen dieses Subgenres gehört zweifellos „Gestrandet bei der Sonne Epsilon“, ein tschechoslowakisches Buch aus dem Jahre 1961.
Eigentlich soll die Raumfahrergruppe auf einem noch namenlosen Planeten jener Sonne, elf Lichtjahre von der Erde entfernt, nach den Spuren einer verschollenen Expedition suchen – gerät dann jedoch selbst in Not und havariert schwer.
Die einzige Möglichkeit zum Überleben besteht darin, sich in einem kleinen Raumgleiter vom zum Untergang verurteilten Mutterschiff zu lösen und auf dem Planeten zu landen.
Aufgrund der begrenzten Tragkraft kann nur das Allernötigste mitgenommen werden, und als auch noch dieses Gefährt havariert, und die Rettungsschirme eingesetzt werden müssen, besitzt jede(r) nur noch das, was er / sie am Leibe trägt.
Zudem wird die Gemeinschaft auch noch getrennt in eine größere Gruppe von ca. 20 Personen und eine kleine von nur drei, die weit hinter der nächsten Bergkette landen.
Ob sie überhaupt überleben, weiß man nicht.
Der größere Teil, das erfährt man gleich, notlandet halbwegs wohlbehalten auf der Planetenoberfläche und sieht sich, da dieser Himmelskörper recht erdähnliche Bedingungen aufweist, auch mit einer der Erd-Urzeit (Tertiär / Quartär) ähnlichen Fauna und Flora konfrontiert.
Zwei Seiten hat dieses Paradies, nämliche eine überquellende, unangetastete und nahrungsspendene Natur, aber auch mächtige und gefährliche Tiere.
Die so sehr erdähnliche Biologie mag vielleicht ein klein wenig übertrieben wirken, fällt aber nicht ins Gewicht, und an sich finde ich das Konzept der konvergenten Evolution absolut schlüssig.
Ganz besonders interessant wird dann die Evolution der Technologie der Siedler, die glücklicherweise allesamt eine überdurchschnittliche Bildung genossen.
So wird der Weg vom spitzen Stock zum Schmiedewerk mitreißend und nachvollziehbar realistisch beschrieben, wobei eine Prise trockener Humor nicht zu kurz kommt.
Ganz anders geht es den restlichen Raumfahrern – eine Frau, zwei Männer – die weit entfernt auf der Rückseite der Bergkette landen.
Lediglich zu dritt, ohne alles und dem Ende nahe, sehen sie sich mit einem herannahenden Winter in den Bergen konfrontiert, den sie augenscheinlich erst einmal ohne Feuer in einer Höhle verbringen müssen.
Wie wird das alles wohl enden?
Das zu erfahren, wird nicht ganz billig, denn das Buch ist rar und kostet üblicherweise zwischen 30 € für eine etwas lädierte oder leicht verschmutzte Ausgabe und knapp 100 € für eine erstklassige.
Die lädierte tut es natürlich auch und ist absout jeden Cent wert.
Eine interessante Besonderheit: Jeder den ich kenne, der dieses Buch schon las und es (im Gegenteil zu mir) schon seit der Kindheit sein Eigen nennt, liest es immer und immer wieder einmal, oft sogar regelmäßig alle paar Jahre.
Durchaus nachvollziehbar.
Mein Dank gilt Frank für diese Empfehlung!